2017
Döttingen Kulturtankstelle:
Holz trifft Stein
FOKUS SKULPTUR
5. Mai – 13. August
◄
|
Ausstellung Kulturtankstelle Döttingen 2017,
„Holz trifft Stein“
Ruedi Mösch, Kersantite 1 – 5
Kersantite ist die Bezeichnung für das
Material der hier gezeigten fünf Skulpturen. Der Name stammt vom Weiler
Kersanton, welcher sich in der Nähe von Brest befindet. Dort wird
Kersantite auch heute noch abgebaut.
Der hier verwendete Stein stammt aus den Vogesen, wo er in relativ
geringen Mengen zwischen Granitbänken vorkommt. Der Steinbruch ist in
der Zwischenzeit stillgelegt worden, weshalb die noch vorhandenen Blöcke
allmählich zur Seltenheit werden. Geologisch handelt es sich um ein
sogenanntes Gang-Gestein, welches durch nachträgliche Magma-Ergüsse in
bereits erkaltete Granit-Klüfte entstanden ist. In der Zusammensetzung
dem Granit verwandt, hat es dennoch eine von ihm verschiedene Struktur.
Der Abkühlungs-Prozess erfolgte ohne Druck, weshalb die für den Granit
typische Kristallisation hier nicht stattgefunden hat. Dennoch ist der
Stein sehr wetterbeständig, relativ hart und vorallem zäh. Er lässt sich
gut bearbeiten, da er von vergleichsweise regelmässiger Struktur ist.
Doch im Gegensatz zum Granit lässt er sich weniger gut spalten, weshalb
die Bearbeitung mit Spitzwerkzeugen anstrengend ist.
Die hellen Bearbeitungsspuren auf den Skulpturen stammen von
geschmiedeten Pressluftwerkzeugen. Im Gegensatz zu Hartmetall-Werkzeugen
dringen die schlank ausgeformten Stahl-Spitzeisen tiefer in die
Steinoberfläche ein und erlauben ein Wegsprengen von entsprechend
grösseren Steinsplittern. Die daraus resultierende grosszügige
Arbeitsweise bestimmt den eigentlichen Formprozess, welcher zugleich
anspruchsvoll und verführerisch ist. Die unvermeidbare Grobstruktur der
Steinoberfläche, welche durch die beschriebene Arbeitsweise entsteht,
verhindert bis zu einem gewissen Grad ein all zu tiefes Eintauchen in
Details. Form und Struktur werden als Einheit aufgefasst, weshalb ein
nachträgliches Überarbeiten einzelner, fast vollendeter Stellen immer
sorgfältig abgewogen wird. Der fragmentarische Charakter der Figuren ist
integraler Bestandteil des Gestaltungsprozesses.
Durch ihre vergleichsweise „Unschärfe“ bieten die Skulpturen Raum für
subjektive Interpretationen. Im Gegensatz zu einer fein ausgearbeiteten
Oberfläche werden dem Auge hier verbindliche Anhaltspunkte entzogen. Das
Wechselspiel zwischen den Bearbeitungsspuren und den eigentlichen
Umrissen zwingt zu einer steten Neuorientierung. Das für kurze Momente
festgefrorene Bild bleibt in Bewegung, sobald sich das betrachtende Auge
bewegt.
|